16.12.2013

Pressemitteilung vom 16.12.2013

Die Brandenburgische Strafverteidigervereinigung e. V. nimmt zum Rücktritt des Justizministers des Landes Brandenburg, Dr. Volkmar Schöneburg, vom 14.12.2013 Stellung:


Aus Sicht der Vereinigung hätten die in jüngster Zeit in der Presse erhobenen Vorwürfe einen solchen Schritt rechtlich nicht erfordert, da die bislang veröffentlichten Tatsachen nicht den Tatverdacht einer Begünstigung oder des Amtsmissbrauchs begründen.

Mehr als bedenklich erscheint dagegen das entwürdigende und persönlich diffamierende Niveau von Presseberichten sowohl gegen den ehemaligen Minister als auch die betroffenen Gefangenen.

Die wiederholte Verwendung von Begriffen wie „Sexgangster“, „Liebeszelle“, „Oberaufseher Schöneburg“ u.ä. sowie die willkürliche Veröffentlichung von Erklärungen von „Insidern“, „Vollzugsbeamten“ und „Vollzugskreisen“, die inhaltlich einer öffentlichen Vorverurteilung gleichkommen, verstellen den Blick auf rechtsstaatliche Tatsachen.

Der einzige Zweck des Strafvollzuges ist die Entziehung der Freiheit.

Teile der Bevölkerung mögen sich noch so sehr wünschen, dass Verurteilte in den Gefängnissen zusätzliche Sanktionen auferlegt bekommen und es den Gefangenen z. B. in möglichst engen Zellen möglichst schlecht gehen solle – den gesetzlichen Zielen des Rechtsstaates entspricht dies nicht.

Da also auch Gefangene in ihrer Würde als Menschen anerkannt werden müssen, bedürfen ungewöhnliche Eingriffe in deren Leben stets einer begründeten rechtlichen Entscheidung.

Wenn ein Minister in solche Entscheidungen seiner ihm untergeordneten Behörden eingreift, weil er sie rechtlich anders bewertet, ist dies zunächst kein ungewöhnlicher Akt – im Gegenteil, als Fach- und Rechtsaufsicht gehört es sogar zu seinen dienstlichen Pflichten.

Im hier zu entscheidenden Fall der so genannten „Liebeszelle“ geht es offenbar darum, dass Gefangenen das Recht auf ein Zusammenleben in einer Lebensgemeinschaft gestattet wurde, und zwar nicht „durch den Anwalt“ oder „durch den Minister“, sondern durch eine richterlich unabhängige Entscheidung des zuständigen Vollstreckungsgerichts.

Es mag ungewöhnlich erscheinen, dass ein ehemaliger Strafverteidiger der zum Minister ernannt wurde, nun quasi aus einer anderen Perspektive an einem Fall arbeitet. Von einem langjährig erfahrenen Volljuristen kann und muss aber erwartet werden, dass er diese Aufgabe auch nach dem von ihm geleisteten Eid gewissenhaft und „nur nach dem Gesetz“ ausübt.

Dass es einem Gefangenen schließlich gelungen sein soll, mehrfach auf den Anrufbeantworter seines ehemaligen Anwalts und späteren Ministers zu sprechen, weil trotz Beendigung des Mandates jahrelang die entsprechende PIN freigeschaltet blieb, erscheint auch als ein Versäumnis derjenigen, die sich Pressestimmen zu Folge durch eine förmliche Entscheidung „verraten“ und „hintergangen“ fühlen, sich aber nicht scheuen, sich öffentlich an einer regelrechten Hetzjagd gegen einen Dienstvorgesetzten zu beteiligen.

Die Brandenburgische Strafverteidigervereinigung e. V. rügt die Art und Weise der öffentlichen Berichterstattung in diesem Fall. Das Maß an polemischen und mehrheitlich unbewiesenen Unterstellungen bis hin zu anzüglichen Spekulationen verletzt die oberste Grundregel unserer Gesellschaft, für die es keine Ausnahmen gibt und niemals geben darf – die Würde des Menschen ist unantastbar.



Der Vorstand

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